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Eine grünere Welt ist möglich: Ambassadors of European Solidarity

Kannst du dir vorstellen, ein Jahr lang in einer bezaubernden Stadt in Portugal zu leben und dort Nachhaltigkeit und Europäische Werte wie Solidarität zu unterstützen? Sechs junge Freiwillige haben genau das getan! In der wunderschönen Weinregion Amarante engagierten sie sich in der örtlichen Gemeinde, halfen in der Bio-Landwirtschaft, organisierten Workshops zu Fairem Handel in Schulen, unterstützten lokale Institutionen und veranstalteten aufregende Kulturevents.

Beteiligung bedeutet, dass es in deiner Verantwortung liegt, deine Umwelt zu verändern. Warte nicht darauf, dass es jemand für dich tut! Das ist die Philosophie, die ich den jungen Menschen zu vermitteln versuche.
Ambassadors of European Solidarity_Miguel Pinto_Coordinator
Miguel Pinto Projektkoordinator

Projektkoordinator Miguel Pinto blickt auf mehr als zehn Jahre Erfahrung in der freiwilligen Projektarbeit zurück und erzählt uns mehr über „Ambassadors of European Solidarity“:

Was ist das Geheimnis hinter der aktiven Beteiligung an eurem Projekt?

Der Großteil unserer Teilnehmer/-innen stammt aus Städten und hat keinerlei Erfahrung im Bereich der Landwirtschaft oder gemeinnütziger Arbeit. Daher ist für sie erst einmal alles ungewohnt und es kann ihnen ein bisschen Angst machen, Menschen aus unterschiedlichen Verhältnissen kennenzulernen. Wenn sie dann allerdings sehen, wie sehr die Gemeinde ihre Arbeit schätzt, insbesondere die non-formalen Bildungsangebote in Schulen zu Kultur, gesundem Leben und freiwilligem Engagement, hat das große Auswirkungen auf ihr Selbstbewusstsein. Die Schüler/-innen werden von den Workshops angespornt, dass sie gar nicht mehr aufhören können, davon zu berichten.

Welche Tätigkeiten übernehmen die jungen Menschen im Laufe des Jahres genau?

Die Teilnehmer/-innen bringen sich in der ganzen Gemeinschaft von Amarante ein. Sie unterstützen lokale Institutionen, das Seniorenheim, die Einrichtung für Menschen mit Beeinträchtigung, das Waisenhaus, die Stadtverwaltung und die Schulen. Sie helfen den Bio-Landwirten beim Verkauf auf dem Samstagsmarkt und besuchen Schulen, in denen sie Vorträge über die Bedeutung von Fairem Handel und Nachhaltigkeit halten. Außerdem bilden sie ein Unterstützungsteam bei anderen Mobilitäten, die wir organisieren. So können sie Erfahrungen darin sammeln, wie andere Erasmus+ Programme ablaufen und lernen, wie Workshops gefördert werden. Wir ermutigen die Teilnehmer/-innen auch, ihre eigenen Projekte zu starten und ihre Leidenschaften zu teilen.

Wie motiviert ihr die jungen Menschen, ihre eigenen Projekte zu organisieren?

Zunächst geben wir ihnen Zeit und Raum, ihre Interessen zu erkunden. Sie starten erst nach 3-4 Monaten, wenn sie sich etwas eingewöhnt haben, die Sprache ein wenig beherrschen und sich für ein Themengebiet entschieden haben. Viele sagen am Anfang, „Ich weiß nicht, ob ich das kann.“ Bis ihnen plötzlich ein Geistesblitz kommt und sie aus der Erfahrung unheimlich viel mitnehmen. Wir unterstützen die Teilnehmer/-innen auch finanziell, indem wir z. B. Bilder für von ihnen organisierten Ausstellungen drucken oder Zutaten für Kochworkshops zur Verfügung stellen.

Wie sieht der Zeitplan für die Teilnehmer/-innen aus?

Die meisten Teammitglieder im Projekt, wie auch ich, sind ehemalige Freiwillige. Wir kennen die Herausforderungen im Freiwilligendienst. Von einem Angebot gelangweilt zu werden ist eine von den Herausforderungen. Daher arbeiten wir nicht nach einem strengen Terminplan. Jeden Montagmorgen legen wir die Angebote für die Woche fest und überlassen es den Teilnehmer/-innen, eine für sie interessante Aktivität zu wählen. Dadurch lernen sie sowohl, im Team zu verhandeln, als auch Verantwortung für ihre eigenen Ideen zu übernehmen.

Funktioniert das?

Auf jeden Fall. Die Teilnehmer/-innen haben die Kulturagenda unseres Jugendtreffs festgelegt und auch umgesetzt und ihre eigenen Fähigkeiten in die Gemeinde eingebracht. Im Jahr der „Ambassadors of European Solidarity“ haben sie z. B. Italienischunterricht angeboten und Workshops zu Reisen mit kleinem Geldbeutel organisiert. In den Jahren zuvor haben Teilnehmer/-innen auch schon Yoga- und Zumbakurse oder Filmabende organisiert.

Wer hat an „Ambassadors of European Solidarity“ teilgenommen?

Seit zehn Jahren nehmen wir bei uns Teilnehmer/-innen des Freiwilligendiensts in unterschiedlichen Projekten auf, sodass die Teilnahme an manchen Angeboten manchmal in einer größeren Gruppe ausfallen kann. An dem einjährigen Projekt „Ambassadors of European Solidarity“ haben jedenfalls sechs junge Menschen aus Frankreich, Deutschland, Polen, Italien und Griechenland teilgenommen. Zunächst waren es fünf Freiwillige, allerdings verließ eine Teilnehmerin das Projekt wegen eines Jobangebots vorzeitig, sodass eine weiterer Person nachrückte.

War es schwierig, für die Teilnehmerin Ersatz zu finden?

Nicht wirklich. Wir kontaktierten sofort unsere Partnerorganisationen. Diese hatten schnell eine andere Person gefunden. Grundsätzlich ist es so, dass in den letzten zehn Jahren vielleicht vier oder fünf Teilnehmer/-innen abgesprungen sind. Tatsächlich haben die jungen Menschen sogar während der Covid-19 Pandemie weitergemacht. Es ist wichtig, flexibel zu sein. Ein Beispiel: Ein französischer Teilnehmer war noch sehr jung und sprach kein Englisch. Daher mussten wir uns erst einmal um Englischunterricht für ihn kümmern, bevor er Portugiesisch lernen konnte. Da bei der Arbeit mit Kindern vieles auch non-verbal passiert, ließen wir ihn Sportangebote im Waisenhaus organisieren, anstatt ihn zu verschiedenen Orten zu schicken. Unser Taxifahrer spricht Französisch, wodurch er zum Mentor des Teilnehmers wurde.

Gibt es ein starkes Team, das die Teilnehmer/-innen übers Jahr begleitet?

Ja. Vier Mitarbeiter/-innen sind für das Projektmanagement, Werbung und Kommunikation und sprachliche Unterstützung verantwortlich. Die Teilnehmer/-innen haben täglich Kontakt zu unseren Mitarbeiter/-innen. In diesem Jahr haben wir zum ersten Mal zwei ergänzende Maßnahmen angeboten. Als Teil einer dieser Maßnahmen haben wir ein sehr erfolgreiches Mentorenprogramm angeboten. Die Mentoren haben sich bereits an ihrem Fortbildungswochenende zu einer echt aktiven Gruppe zusammengetan. Sie haben einen eigenen Kommunikationskanal für die Teilnehmer/-innen erstellt und sie das ganze Jahr in Form von Angeboten, Abendessen und Bowlingabenden begleitet. Am wichtigsten war, dass die Teilnehmer/-innen ihren Mentor oder ihre Mentorin bei einem von uns ausgerichteten, zwanglosen Event wählen konnten.

Wer waren diese Mentor/-innen?

Mentor/-innen sind motivierte Menschen aus vielen verschiedenen Bereichen und Altersgruppen. Manche kamen aus dem Freiwilligendienst im Ausland zurück, andere kamen über Institutionen, mit denen wir bereits zusammengearbeitet hatten, zu uns, und wieder andere waren Kolleg/-innen oder Besucher/-innen unseres Jugendtreffs und des vegetarischen Restaurants.

Was sind die wichtigsten Schritte in einem so langen und intensiven Projekt?

Der erste Schritt war, mit bekannten Organisationen aus anderen Projekten zusammenzuarbeiten. Diese sind zu unseren strategischen Hauptpartnern geworden. Zur Erweiterung unseres Netzwerks binden wir immer auch paar neue Partnerorganisationen ein. Unsere Partnerorganisationen wählen drei bis vier mögliche Kandidat/-innen aus, die wir dann interviewen. Dann entscheiden wir, wer ins Projekt passt. Unsere Partnerorganisationen übernehmen die Vorbereitung der Teilnehmer/-innen entsprechend unserer Standards. Wir halten online Kontakt zu den Teilnehmer/-innen bis zu ihrer Ankunft bei uns. Während der Einführungswoche stellen wir verschiedene Themenbereiche des Freiwilligendiensts vor und schauen uns die Aufnahmeorte an. Ehemalige Teilnehmer/-innen schauen vorbei und helfen, das Eis mit den Neuankömmlingen zu brechen. Sie berichten von ihren eigenen Erfahrungen und kümmern sich darum, dass sich die Neulinge wohl fühlen. Die Ehemaligen greifen dabei häufig auf kreative Methoden oder Sketche und Pantomimen zurück, um ihre eigenen Geschichten zu teilen.

Da wir gerade beim Thema Lernerfahrungen sind: Was nehmen die Teilnehmer/-innen aus dem Projekt mit nach Hause?

Einige Teilnehmer/-innen haben mittlerweile eigene Projekte ins Leben gerufen. Eine Teilnehmerin aus Italien, die sich besonders für Gender Equality interessierte, ist einer NRO beigetreten. Wir arbeiten noch immer eng mit ihr zusammen. Sie ist ein großartiges Beispiel für den Erfolg unserer Kurse zu Projektmanagement, Design Thinking, Erasmus+ und den anderen Initiativen, die wir für unsere Teilnehmer/-innen anbieten. Unsere Teilnehmer/-innen organisieren jedes Jahr ein Sommercamp in der Stadt, zu dem sie alle Europäischen Teilnehmer/-innen im Freiwilligendienst in Portugal einladen. Und auch wenn es keine offizielle Evaluationsveranstaltung ist, ist es ein sehr wichtiges Treffen für unsere Teilnehmer/-innen. In diesem Jahr haben ungefähr 50 junge Menschen am viertägigen Sommercamp teilgenommen. Es war eine großartige Möglichkeit für sie, ihr Organisationsfähigkeiten weiterzuentwickeln und ihre Erfahrung mit der lokalen Gemeinde zu teilen.

Wow!

Während der Wahlkampagne zu den Europäische Parlamentswahlen 2019 gingen die jungen Menschen in die Schulen, um dort für Europa und Erasmus+ zu werben. Bei einem selbstorganisierten Freilufttreffen präsentierten sie ein riesiges ‚Vote Erasmus+‘ Plakat. Sogar die Zeitung schrieb über die Aktion, die zeigte, dass viele junge Menschen an den Wahlen interessiert waren.

Projektkoordinatorin

Ambassadors of European Solidarity_Miguel Pinto_Coordinator
Miguel Pinto

Miguel ist ausgebildeter Forstwirt. 1997 hat er mit EVS zusammengearbeitet. 1999 eröffnete er mit Unterstützung des „Future Capital of Youth“-Programms den ersten Fair Trade Laden in Portugal. Seit 2000 koordiniert Miguel auf internationaler Ebene Workcamps. Er liebt es, die Ideen seines Fair Trade Workshops weiterzugeben. Heute ist Miguel Geschäftsführer der Equação, Cooperativa de Comércio Justo, Crl (Fair Trade Cooperative). Seit 2009 ist er außerdem Leiter der Casa da Juventude de Amarante (Youth Centre of Amarante). Er hat in Amarante über 100 Projekte, größtenteils im Freiwilligendienst des Erasmus+ Programms und des ESC geplant und durchgeführt.

Über das Projekt

Supported by:

Europäisches Solidaritätskorps / Freiwilligendienst

EU Jugendprogramm Priorität:

Nachhaltigkeit, Umwelt- und Klimaziele

Topic:

Aktivismus und politische Mitbestimmung

Sichtbarkeit:

Fast 12 000 Leute folgen den Aktivitäten der Teilnehmer/-innen auf der Facebookseite des Jugendtreffs (nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass Amarante ca. 60 000 Einwohner zählt). Die Reichweite des Projekts wurde durch die Kampagne zur Europäischen Parlamentswahlen und Workshops durch unsere Teilnehmer/-innen in örtlichen Institutionen noch verstärkt.

Autor

Photo of Lilla Gosi
Lilla Gősi

Lilla Gősi is a freelance journalist and trainer. She writes, draws and uses the combination of these two for telling stories and creating non formal educational activities. She graduated in Communication and Media and History of Art. She has been publishing since 2012 in the most popular Hungarian weekly magazine, Nők Lapja. She is an active blogger. She loves working with groups and asking questions. She comes from Hungary and lives in Italy since 2017. She participated in several European training, exchange and volunteering projects. The main issues she cares about: promoting sustainability, critical thinking, inclusion and art. In her free time, she enjoys art, culture and travelling related activities.