Ich wollte wissen, was meine Wurzeln sind und woher ich komme. Ich wollte wissen, wer wir waren, bevor wir hierherkamen, was unsere Regeln für das Zusammenleben, unser Lebensstil und unsere Visionen waren.
Tief in die Geschichte ihrer Schwarzen Gemeinschaft blickend, hat ein Projekt von fünf jungen Menschen dazu beigetragen, die unsichtbaren Vorfahren von Amsterdam zum Vorschein zu bringen. Ihr Programm aus faszinierenden Exkursionen und Veranstaltungen hat andere junge Menschen dazu inspiriert, ihre eigene lokale Vergangenheit näher zu beleuchten, ihre Stadt mehr zu wertschätzen und ihre Chancen zu erkennen, selbst Geschichte zu schreiben.
Dabei sein ist der erste Schritt zu Partizipation. Selbst wenn Personen nichts aktiv zu einem Angebot beitragen, sind sie durch ihre Anwesenheit und durch Zuhören und Hinschauen immer noch Teil der Erfahrung. Als Pädagog/-innen ist es unsere Aufgabe, eine Geschichte und eine Botschaft zu übermitteln, die sie mit nach Hause nehmen können.
Projektkoordinator und Teammitglied Revelino Pinas erzählt uns mehr über das Projekt:
Was waren die Hauptziele des „Building Strong Communities“ Projekts?
Wir haben den Fokus auf die Recherche, Darstellung und Reflexion der Geschichte der Sklaverei gelegt. Zusammen wollten wir Menschen mit auf eine Zeitreise nehmen, damit sie über ihre Herkunft nachdenken und besser nachvollziehen können, wer sie sind und was sie erreichen wollen. Wir sind fest davon überzeugt, dass es jungen Menschen leichter fällt, ihr Potential voll auszuschöpfen, wenn sie ihre Identität kennen. Wenn sie die furchtbare Geschichte der Sklaverei kennen lernen, können sie außerdem die Anstrengungen wertschätzen, die Menschen damals auf sich genommen haben und die dazu geführt habe, dass sie heute in Freiheit leben können.
Welche Aktivitäten habt ihr durchgeführt?
Da das Projekt als Solidaritätsprojekt konzipiert wurde, organisierten wir Angebote vor Ort in Amsterdam. Wir besuchten verschiedene Orte und luden Experten in die Gruppen mit jeweils ungefähr 15-20 Teilnehmer/-innen ein. Wir machten eine Stadtführung, die die Geschichte der Schwarzen Bevölkerung erklärte und hörten Lesungen zu Sklaverei. Dann besuchten wir das Sklavereidenkmal im Oosterpark und die „Afterlives of Slavery“ Ausstellung im Tropenmuseum. Das Tropenmuseum ist ein beeindruckendes Museum zu den Kulturen der Welt. In den Black Archives, die eine fantastische Ansammlung an Büchern über Schwarze Aktivist/-innen und Bewegungen beherbergen, lernten wir einiges über die Geschichte der Niederlande als Kolonialmacht und über das Leben von Anton de Kom, der sich zur Wehr setzte.
Wie bist du zu diesem Projekt gekommen?
Alle Teammitglieder kannten sich schon vorher aus der Percussionband Eternity. Die Percussionband Eternity stammt aus dem diversen und multikulturellen Bijlmerviertel, das auch Amsterdam Southeast genannt wird. Gerade im Sommer sind die Straßen voller Leben. Es zieht viele Künstler/-innen und Rapper/-innen an. Das Viertel gilt in manchen Kreisen als gefährlich. Es gibt aber gute Initiativen wie unsere, die das Ziel haben, junge Menschen davor zu bewahren, in Schwierigkeiten zu geraten. Als Jugendlicher wollte ich gerne trommeln und nahm an lokalen Musikworkshops teil. 14 Jahre später bin ich selbst einer der musikalischen Gruppenleiter und bringe Kindern Musik näher. Wir organisieren Auftritte, Theateraufführungen, Hochzeiten, Geburtstagsfeiern und noch vielen mehr. Musik ist unsere Hauptquelle für Inspiration: Zum einen ist sie ein Mittel des Selbstausdrucks, zum anderen eine wichtige Methode, um Kindern Konzentration und Ausdauer beizubringen.
Wer nahm an euren Veranstaltungen teil?
Jede Veranstaltung setzte sich aus anderen Teilnehmer/-innen zusammen, da wir so viele junge Menschen wie möglich erreichen wollten. Die jüngsten Teilnehmer/-innen waren ungefähr 13 Jahre alt, die ältesten ungefähr 28 Jahre. Die Geschichten ihrer jeweiligen Familien waren sehr unterschiedlich. Manche kamen aus Surinam, Curacao, Ghana und den Antillen. Andere hingegen waren in den Niederlanden geboren und aufgewachsen. Selbst als Teilnehmer/-innen, die selbst keine direkte Verbindung zum Thema Sklaverei hatten, verstanden sie den Schmerz und wollten mehr über die Hintergründe erfahren.
Wie wurden die Teilnehmer/-innen mit einbezogen?
Wir gestalteten unsere Präsentationen so, dass sie die Aufmerksamkeit auf sich zogen und neue und interessante Informationen beinhalteten. Klare und direkte Aussagen funktionierten super! Nach der Stadtführung fiel uns auf, dass die Teilnehmer/-innen mehr Interesse am Thema hatten und sich tiefer in die Diskussionen einließen. Die Erfahrung, die eigene Stadt in neuen Dimensionen kennenzulernen und die Straßen über das gewohnte städtische Bild hinaus zu begreifen, war für die Teilnehmer/-innen sehr ergreifend. Während der Führung entdeckten sie, dass ganz Amsterdam wichtige Verbindungen zu Sklaverei aufweist. Die Gebäude der Stadt zeigen diese Erinnerungen noch heute.
Was war für das Team der größte Erfolg?
Die emotionale Verbindung zur Vergangenheit herzustellen war wichtig. Am Sklavereidenkmal z. B. konnten wir nach all den Jahren immer noch das Leid der versklavten Menschen spüren. Ich trage diese Geschichte immer noch mit mir. Wir merkten, dass es unheimlich wichtig ist, jungen Menschen die Schauplätze der Geschichte tatsächlich zu zeigen und nicht nur Bilder davon auf Snapchat oder Instagram zu teilen. Durch andere Wege der Beteiligung, z. B. durch Geschichten und reale Erfahrungen, kann Geschichte zum Leben erweckt werden. Als Team haben wir durch das Projekt viel gelernt, besonders über das Festlegen von Zielen und die Planung und Durchführung von Aktivitäten.
Wie wurden die Ausflüge organisiert?
Otmar Watson, Geschäftsführer von Untold und Schriftführer der Percussionband Eternity, hat uns bei den administrativen Aufgaben und der Buchführung unterstützt. Abgesehen davon haben wir alles selbstständig organisiert. Nachdem der Projektantrag genehmigt worden war, teilten wir die Aufgaben untereinander auf, besprachen uns und begannen mit der Umsetzung. Meine Aufgabe war es, die Veranstaltungen zu koordinieren, die Verantwortlichen zu kontaktieren und die Verwaltung der Sozialen Medien. Bei allen Ausflügen schätzten die Teilnehmer unsere Bemühungen, bis hin zu den Sandwiches. die wir für die Gruppe machten. Meine Kolleg/-innen planten die logistischen Aspekte, legten Treffpunkt, Zeit und Routen fest, recherchierten Busfahrpläne und so weiter. Ein weiteres Teammitglied buchte unsere Führer/-innen für die Stadtführungen.
Wie habt ihr Werbung für die Ausflüge gemacht?
Unsere Strategie war es, sowohl persönliche Kontakte zu involvieren als auch die Facebookseite der Band und unser Instagramprofil zu nutzen.
Gab es während des Projekts Schwierigkeiten?
Persönlich fand ich die Organisation des Projekts herausfordernd, da wir uns wirklich um alles selbst kümmern mussten. Für die Gruppe stellte sicherlich die Covid-19 Pandemie die größte Herausforderung dar, da wir unser Angebot während des Lockdowns im Frühjahr 2020 aussetzen mussten und manche Pläne verschieben mussten.
Hast du Ratschläge für andere, die ein Projekt ins Leben rufen möchten?
An erster Stelle steht die Auswahl der Altersgruppen, also ob man Kinder, Jugendliche oder junge Erwachsene erreichen möchte. Dann sollte man darüber nachdenken, wie die Botschaft des Projekts übermittelt werden soll. Effektives Lehren ist abhängig von der Fähigkeit, mit jungen Menschen kommunizieren zu können. Ich weiß, wie schwierig Lernen für Jugendliche (und auch Ältere) sein kann. Wenn wir aber mit Herz, Geduld und Empathie dabei sind, können wir die jungen Menschen inspirieren, eine bessere Zukunft zu bauen.
Über das Projekt
Supported by:
Europäisches Solidaritätskorps / Solidaritätsprojekte
EU Jugendprogramm Priorität:
Inklusion und Diversität
Topic:
Aktivismus und politische Mitbestimmung
Sichtbarkeit:
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Beteiligte Organisationen: